Anzeige

Anzeige

Zum Artikel

Erstellt:
19. April 2024, 06:00 Uhr

Amtsgericht Norden

Im Zweifel für den Angeklagten

19-Jähriger kommt aus Mangel an Beweisen mit geringer Geldbuße davon

Lesedauer: ca. 2min 44sec
Im Zweifel für den Angeklagten

Norden Ob die von der Staatsanwaltschaft angeklagten Taten nun so stattfanden oder nicht, blieb am Ende unbeantwortet. Aus Mangel an Beweisen und teils sehr widersprüchlichen Zeugenaussagen durfte der 19-jährige gebürtige Leeraner am Ende das Gericht als freier Mann verlassen. Lediglich eine sehr geringe Geldbuße von 50 Euro muss geleistet werden.

Doch was führte zu dieser Wendung im Prozess vor dem Jugendschöffengericht, deren Auftakt vor zwei Wochen aufgrund fehlender Zeugen nach kurzer Verhandlungszeit vertagt werden musste? Laut Anklagebehörde soll der Mann am 3. September vergangenen Jahres gemeinsam mit einem Kumpel im Auto gefahren sein und im Bereich der Gewerbestraße zwei junge Männer bei einem Einbruchsversuch in einen Elektrofachmarkt erwischt haben. Beim Versuch, die Täter zu stellen, kam es demnach zur Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und einem der Einbrecher, bei dem neben einem Teleskopschlagstock auch eine Pistole gezogen wurde. Mithilfe des Schlagstocks soll einer der Einbrecher mehrfach geschlagen worden sein.

Schon während der Zeugenvernehmung vor gut zwei Wochen deuteten sich Widersprüche an. Der einzig erschienene Zeuge wollte oder konnte sich so gar nicht mehr an die Ereignisse erinnern, gab sogar eine Falschaussage bei der Polizei zu, bei der er den Angeklagten zunächst belastete.

WidersprüchlicheZeugenaussagen

Eine genauere Klärung bei der Beweisaufnahme am Mittwoch blieb aus. Als Zeuge behauptete einer der beiden im vergangenen Jahr gestellten Einbrecher, er sei mit dem Schlagstock bedroht und geschlagen worden und habe Prellungen erlitten. Viel mehr hatte er aber nicht beizutragen – im Gegensatz zu einem weiteren Zeugen. Der saß mit dem Angeklagten im Auto, drehte den Spieß um und gab zu Protokoll, dass die ertappten Einbrecher zunächst beleidigende Worte gebrüllt hätten, ehe sie geflüchtet seien.

Dennoch konnte einer der beiden gestellt werden, es flogen die Fäuste, ehe der Angeklagte zur Verteidigung seinen Schlagstock aus dem Auto geholt habe. Erst als der zunächst Geflüchtete wieder zurückkam, habe man die Polizei gerufen, die dann die Softairwaffe im Kofferraum des Angeklagten gefunden hat.

Zeugin kann oder will sich nicht erinnern

Auch brachte eine junge Zeugin, die am Tatabend vom Angeklagten und dessen Beifahrer auf der Straße angetroffen wurde, keine Klarheit. Während das Vernehmungsprotokoll der Polizei durchaus konkrete Details enthielt, konnte sich die Frau vor Gericht beim besten Willen an nichts erinnern. „Ich weiß es nicht mehr“, lautete ihre oft wiederholte Antwort auf die Fragen von Richter Frank Meyer.

Die Jugendgerichtshilfe bescheinigte dem Angeklagten ein gesichertes soziales Umfeld. Der ehemalige Hauptschüler strebe eine Berufsausbildung an, daher sei eine Geldauflage für den jungen Mann ausreichend. Das sah auch der Staatsanwalt so, der vom Vorwurf der Körperverletzung mangels Beweisen abließ, stattdessen eine Geldstrafe von 1000 Euro forderte. Der Verteidiger sah die Körperverletzung ebenso als nicht erwiesen an, hielt 500 Euro Geldbuße aber für ausreichend.

Im Schlusswort des Angeklagten folgte dann die Überraschung für alle Beteiligten: Der junge Mann präsentierte ein Video mit Zeitstempel vom Tag vor der Tat, dass seinen Kumpel zeigt, mit der besagten Pistole in der Hand. Damit wollte der 19-Jährige beweisen, dass er nicht im Besitz der Waffe war.

Mit Erfolg: Das Gericht sah diesen Vorwurf als entkräftet an. Das Jugendschöffengericht urteilte schließlich zugunsten des 19-Jährigen. Er wurde freigesprochen. Lediglich der Besitz des Teleskopschlagstocks sei als Ordnungswidrigkeit zu ahnden, sodass der junge Mann eine Geldbuße von 50 Euro zahlen muss.

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen