Holtrop Sie hat einiges bewegt und hätte gewiss gern noch manches mehr bewegt. Umso größer ist Bestürzung, als am Wochenende bekannt wurde, dass Antje Gronewold im Alter von nur 66 Jahren verstarb. Die Diplom-Pädagogin aus Holtrop, die lange Jahre als Dozentin an der Hochschule Emden/Leer arbeitete und erst kürzlich in den Ruhestand gegangen war, hat sich immer wieder auf verschiedensten Ebenen eingebracht, um ihre Projekte und Ideen voranzutreiben. Eine Sache, die ihr stets besonders am Herzen lag, war die Förderung plattdeutschen Sprache.

Vor ein paar Jahren saß ich mit Antje Gronewold zusammen und irgendwie kamen wir darauf, man könnte doch vielleicht mal nach Vorbild des ESC einen Ostfriesischen Song Contest, also einen OSC, veranstalten. Sie war sofort Feuer und Flamme. „Dann werde ich mich in Holtrop auf die Wiese stellen und verkünden, wer unsere zwölf Punkte kriegt“, lautete ihre spontane Reaktion „Und wer bei uns gewinnt, ist automatisch für den ESC oder zumindest für den deutschen ESC-Vorentscheid qualifiziert.“ Das war typisch Antje Gronewold. Statt mir die Schnapsidee auszureden, hatte sie den Gedanken für sich kreativ weitergesponnen. Dabei beschränkte sich ihr Enthusiasmus nie nur allein auf ihre eigene Person. Antje Gronewold konnte auch andere Menschen mitreißen und das auf eine sehr angenehme Art, weil sie eine aufmerksame Zuhörerin war. Tatsächlich haben wir uns anschließend eine Weile ernsthaft darüber ausgetauscht, ob und wie sich ein solcher Wettbewerb organisatorisch und technisch realisieren ließe. Dummerweise hat uns Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Die Liste der Verdienste von Antje Gronewold schmälert das jedoch in keinster Weise. Denn die ist und bleibt auch so schon lang genug. Die Diplom-Pädagorin war von 1998 bis 2016 im Vorstand des Vereins „Oostfreeske Taal“, davon 13 Jahre als Vorsitzende. Während ihrer Amtszeit wurden die inzwischen mit großer öffentlicher Resonanz alljährlich durchgeführten Kampagnen „Plattdüütsk bi d‘ Arbeid“ und der „Plattdüütskmaant“ aus der Taufe gehoben. Darüber hinaus war sie von 1992 bis 1997 Mitglied der Landschaftsversammlung der Ostfriesischen Landschaft, wo sie zeitweilig den Vorsitz des Bildungsausschusses führte und im Kulturausschuss saß. Auch die Gründung des Dorfvereins „Holtrop un umto“ hat Antje Gronewold maßgeblich initiiert. Für ihr Engagement wurde sie mit dem „Keerlke“-Preis und der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland geehrt. „Es ist mir nie darum gegangen, im Mittelpunkt zu stehen“, betonte Antje Gronewold, als ihr 2018 letztere Auszeichnung offiziell verliehen wurde. Ihr Antrieb sei vielmehr die Frage gewesen: „Wo sind die Menschen, die etwas bewegen wollen?“, so Gronewold damals weiter.

Ihr unermüdliche Einsatz hat ihr ein hohes Ansehen bei allen demokratischen Parteien beschert. Als 2017 eine Moderatorin für eine öffentliche Diskussion zum sensiblen Thema Pro oder Contra Zentralklinik in Georgsheil gesucht wurde, fiel die Wahl nicht von ungefähr auf Antje Gronewold. Obwohl parteipolitisch neutral, war sie trotzdem durchaus auch politisch engagiert. 2011 trat Antje Gronewold bei der Auricher Landratswahl gegen den von SPD und CDU unterstützten Harm-Uwe Weber an und scheiterte um wenige Prozentpunkte. Zuletzt gründete sie 2021 den Verein „Ostfriesland fährt Rad“ und warb für eine Verbesserung der Radwegenetze. 2022 organisierte sie den ersten „Ostfriesischen Fahrradtag“, von dem nicht nur der damals noch niedersächsische Umweltminister Olaf Lies hellauf begeistert zeigte. Wie schon gesagt, Antje Gronewold war nicht nur selber leicht zu begeistern. Sie hat auch immer wieder andere Menschen inspiriert und mitgerissen. Deswegen werden viele diese Frau und ihre doppelte Begeisterungsfähigkeit sicherlich schmerzlich vermissen.