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Erstellt:
9. Februar 2024, 15:39 Uhr

Verdächtiger steigt für seinen kleinen Sohn aus dem Drogengeschäft aus

Er hat viel Geld mit Drogen gemacht. Bis er von der Polizei erwischt wurde. Beim Gerichtsprozess in Aurich überraschte der erst 26-Jährige mit einer rührenden Ankündigung.

Lesedauer: ca. 2min 46sec
Ein 26-Jähriger will keine Drogen mehr nehmen. Archivfoto

Ein 26-Jähriger will keine Drogen mehr nehmen. Archivfoto ©

Von Martina Ricken

Aurich Mit einer sehr offenen und geständigen Einlassung des Angeklagten begann vor dem Landgericht Aurich der Prozess gegen einen 26-jährigen Drogenhändler aus Großefehn. Wie so häufig in solchen Fällen war die Finanzierung des eigenen Drogenkonsums der Anlass, in das Geschäft mit dem Rauschgifthandel einzusteigen. Bemerkenswert ist aber der Grund, warum der Angeklagte nun einen Schlussstrich ziehen will.

Die Staatsanwaltschaft legt dem Angeklagten zur Last, von Herbst 2019 bis Mai 2021 in 22 Fällen gewerbsmäßig vor allem mit Marihuana und Kokain gehandelt und dabei insgesamt mehr als 53000 Euro erlangt zu haben. Auf Kommission besorgte er sich von einem Lieferanten zum Teil sogar recht große Mengen, die auch mal zwei Kilo Marihuana und 50 Gramm Kokain umfassten. Der Lieferant war in einem Großverfahren in den Blickpunkt der Ermittler gerückt. Dabei kam die Polizei auch dem Angeklagten auf die Spur.

Im Frühjahr setzte die Polizei dem Treiben mit Durchsuchung der Wohnung und des Autos des Angeklagten ein Ende. Unter anderem wurde auch das Handy des 26-Jährigen sichergestellt. Die Auswertung lieferte mit zahlreichen Verkaufs-Chats weiteres Beweismaterial.

Der Angeklagte, der stets berufstätig war, berichtete vom Druck am Arbeitsplatz, den er im Tatzeitraum innehatte. Diesen Druck versuchte er durch sich steigernden Konsum von Drogen zu kompensieren. Funktioniert hat es nicht. Stattdessen wurde der Bedarf an Drogen immer größer, bis das Gehalt nicht mehr ausreichte, um den Konsum legal zu finanzieren. Marihuana und Kokain hatten noch weitere Folgen. An Details der einzelnen Taten, wie sie in der Anklage aufgelistet waren, konnte er sich nicht mehr genau erinnern. Nur in einem Fall wusste er noch, dass er nicht 100 Gramm Kokain, sondern Speed eingekauft hatte. Ansonsten räumte er alles ein.

Dass er es ernst damit meinte, vor Gericht reinen Tisch zu machen, zeigte sich auch anhand seiner kooperativen Haltung. So half der Angeklagte Richter Björn Raap bei der Übersetzung der szenetypischen Begrifflichkeiten, die in den Chats verwendet wurden. „Ich wollte mir schon mal eine Liste machen“, gestand der Vorsitzende. Mit den Bezeichnungen, die beim Drogenhandel für die verschiedenen Rauschmittel verwendet würden, könne man durchaus ein Vokabelheft füllen, meinte Richter Raap.

Mit dem ganzen Drogensumpf will der Angeklagte zukünftig nichts mehr zu tun haben. Verantwortlich dafür ist der kleine Sohn des 26-Jährigen. Der Junge ist das Ergebnis einer nur wenige Wochen dauernden Affäre. Zwei Jahre später erhielt der Großefehner die Aufforderung zu einem Vaterschaftstest. Es dauerte weitere zwei Jahre, bis er seinen Sohn kennenlernte. „Ich war eine Woche lang nüchtern und habe Kontakt mit der Mutter aufgenommen“, erzählte der Angeklagte ganz offen. „Da ist mir erst mal klar geworden, was ich wegen der Drogen alles verpasst habe.“

Um sein Leben zu ändern, hat er sich einen neuen Job gesucht, in dem er sich wesentlich wohler fühlt. Gespräche mit der Drogenberatung unterstützten ihn dabei, die Finger von den Drogen zu lassen. Die Probleme des Angeklagten sind damit aber noch nicht gelöst. „Was Drogen anbelangt, bin ich clean. Aber ich trinke an den Wochenenden“, gab der 26-Jährige zu. Und die Mengen, die er an einem Abend trinken kann, sind erheblich. Auch das will er in den Griff bekommen. „Ich habe Angst, dass ich rückfällig werde. Ich wäre sehr dankbar für eine Therapie. Ich werde alles machen, was mir hilft“, versicherte der Angeklagte glaubhaft.

Der Prozess wird fortgesetzt.

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